Attentat auf Jefferson Tippit

Kurz nach den tödlichen Schüssen auf John F. Kennedy wurde der Streifenpolizist Tippit in Ausübung seines Dienstes erschossen. Den Untersuchungen nach hörte der Streifenpolizist »vermutlich« die Beschreibung des vermeintlichen Attentäters für den Kennedy-Mord, sprach Oswald an und stieg aus seinem Fahrzeug. Als Tippit in Höhe des linken Vorderreifens war, soll Oswald das Feuer auf ihn eröffnet haben, um danach zu flüchten. Der Tippit-Mord ist der wohl am geringsten untersuchte Anschlag auf einen Poizeibeamten.

 

Streifenpolizist Tippit, der mit vollständigem Namen Jefferson Davis »J.D.« heißt, war Angehöriger der Dallas Polizeidienststelle. Er wurde Tod vor seinem Streifenwagen gefunden. Der Mord ereignete sich etwa 40-50 Minuten nach dem Attentat auf Kennedy. Der Attentäter hatte ihn viermal getroffen und sofort getötet.

Der Mord an dem Polizeibeamten spielte bei keiner der Untersuchungen eine grössere Rolle. Es wurde einfach angenommen, dass der vermeintliche Kennedy-Attentäter (Oswald) auch Tippit ermordete. Es ist wohl einer der am wenigsten untersuchten Anschläge auf einen Polizeibeamten.

Hat Oswald Tippit erschossen? Es spricht einiges dafür, vieles dagegen. Insbesondere der offiziell ermittelte zeitliche Ablauf ist für Kritiker fragwürdig. Denn Oswald habe es ihrer Ansicht nach nicht schaffen können, vom Tatort des Kennedy-Mordes zu sich ins Zimmer zu kommen, um rechtzeitig zum Schauplatz des Mordes von Tippit zu gelangen. Außerdem haben Zeugen zwei Männer beobachtet, die vom Tatort fliehen.

Am Tatort gefundene Patronenhülsen konnten durch ballistische Untersuchungen eindeutig dem Revolver Oswalds zugeordnet werden. Verwirrend ist der Fakt, dass die Kugeln im Körper Tippits zahlenmäßig nicht zu den gefundenen Patronenhülsen passen. Diese werden üblicherweise von der Polizei noch am Tatort als Beweisstück markiert. Allerdings fehlen diese Markierungen auf den Hülsen, die in den US-Nationalarchiven als Beweisstücke gelagert werden.

revolver oswald tippit

Beweisstück 143 der Warren Kommission: Oswalds Revolver.

Die wichtigste Zeugin beim Tippit-Mord

Nach dem Mord an Tippit soll Oswald in das Texas Kino geflüchtet sein. Dort wurde er tatsächlich von mehreren Polizisten überwältigt. Später wurde er zu mehreren Gegenüberstellungen gebracht.

Auch die Aussage von Helen L. Markham, die Augenzeugin des Mordes gewesen sein soll, »überführte« Oswald. Sie war eine Zeugin, auf deren Aussage die erste Untersuchungskommission in der Hauptsache zurückgriff, um die Schuld Oswalds für diesen Mord zu belegen. Frau Markham wurde zur Gegenüberstellung in das Polizeiquartier gebracht und identifizierte dort Oswald als den Mörder von Tippit.

Aber ihre Zeugenaussage hinterlässt Zweifel an dem, was sie sah, sehen wollte oder sehen sollte. Hier ihre Aussage zur Identifizierung Oswalds bei der Gegenüberstellung. Bei der ersten Untersuchung durch die Warren Kommission wurde das als »eindeutige Identifizierung« bezeichnet.

 

Frage: Erkannten Sie irgendjemanden in der Aufstellung?
Antwort: Nein, Sir.

Frage: Nein? Haben Sie irgendjemanden gesehen – ich habe diese Frage schon vorher gestellt – erkannten Sie irgendjemanden vom Gesicht her?
Antwort: Vom Gesicht her, nein.

Frage: Haben Sie irgendjemanden von diesen 4 Personen identifiziert?
Antwort: Ich kannte niemanden.

Frage: Ich weiß, Sie kannten niemanden, aber sah irgendjemand in der Aufstellung aus wie jemand, den Sie vorher gesehen hatten?
Antwort: Nein. Ich habe niemals jemanden von ihnen gesehen, …

Frage: Gab es eine Nummer 2 dort?
Antwort: Nummer 2 habe ich ausgesucht.

Frage: Ich dachte, dass Sie gerade sagten, Sie hätten keinen …
Antwort: Ich dachte, Sie wollten, dass ich die Kleidung beschreibe.

Frage: Haben Sie ihn an seiner Erscheinung erkannt?
Antwort: Ich fragte – ich sah ihn an. Als ich diesen Mann sah, war ich nicht sicher, aber kalte Schauer durchliefen mich.

Vernehmung Helen L. Markham durch die Warren Kommission

Unglaublich, und wahr.

Diese Frau ist DIE Hauptbelastungszeugin beim Mord an Tippit. Zunächst beschrieb sie ausserdem den Mörder als klein und etwas dicklich, mit leicht buschigem Haar. Sie sagte auch, Tippit sei noch am Leben gewesen, als der Krankenwagen eintraf. Andere Zeugen dagegen sagten, er sei sofort gestorben. Außerdem behauptete sie unwahr, dass sie in den ersten zwanzig Minuten nach der Tat die einzige Person gewesen sei, die sich bei Tippit aufhielt. Ihre Glaubwürdigkeit wird weiter durch ihre Behauptung untergraben, der Mörder habe sich mit Tippit durch das rechte Fenster seines Streifenfahrzeug unterhalten. Fotos vom Tatort zeigen dieses Fensters jedoch geschlossen.

Die Warren Kommission stellt beim Tippit-Mord fest

Die Warren Kommission (1964) veröffentliche in ihrem Abschlussbericht einen Abschnitt »Andere Gerüchte und Spekulationen«. Dem hielt sie die eigenen Feststellungen entgegen.

Spekulation: Frau Markham sagte, der Mann, der Tippit erschossen habe, sei etwa 30 Jahre alt, klein, habe buschiges Haar und trage einen weißen Mantel. Da Oswald nicht auf diese Beschreibung passt, kann er nicht der Mörder sein.

Feststellung der Kommission: Bei der Bewertung der Zeugenaussage von Helen Markham ist der Kommission bekannt, dass sie den Mörder von Streifenpolizist Tippit als klein, stämmig und mit buschigem Haar beschrieben hat, was keine korrekte Beschreibung von Oswald wäre. Es wurde auch behauptet, dass Mrs. Markham Oswald bei der Gegenüberstellung eher aufgrund seiner Kleidung als aufgrund seines Aussehens identifizierte. Als Oswald bei der Gegenüberstellung erschien, bei der Mrs. Markham anwesend war, trug er nicht die Jacke, die er zur Zeit der Schießerei trug, und Mrs. Markham hat ausgesagt, dass ihre Identifizierung „hauptsächlich auf seinem Gesicht“ beruhte.

Ausserdem hat Frau Markham bestritten, dass sie den Mann, der Tippit getötet hat, jemals als klein, stämmig und mit buschigem Haar beschrieben hat. Die Kommission prüfte die Niederschrift eines Telefongesprächs, in dem Frau Markham eine solche Beschreibung abgegeben haben soll. In der Niederschrift bekräftigte Frau Markham ihre positive Identifizierung von Oswald und bestritt, den Mörder als klein, stämmig und buschig behaart beschrieben zu haben.

Warren Kommission, 1964

In einem Interview beschreibt Frau Markham was sie vermeintlich beobachtet hatte.

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Zeugin Markham beschreibt den Verlauf des Mordes an Polizist Tippit

In diesem Video beschreibt die Zeugin den Fluchtweg des Mörders von Tippit, den andere Zeugen, die in diesem Video auch zu Wort kommen, nicht bestätigen. Zudem beschreibt sie die Kleidung des Mörders in einer Art und Weise, die nicht zu Oswalds Kleidung passt, als dieser nur kurze Zeit später im Kino festgenommen wurde.

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Fluchtweg des Mörders nach Ansicht von Frau Markham

Kannten sich Tippit und sein angeblicher Mörder Oswald?

Die Warren Kommission (1964) stellte dazu folgendes fest:

Spekulation: Tippit und sein Mörder kannten sich.

Feststellung der Kommission: Die Ermittlungen haben keine Beweise dafür ergeben, dass Oswald und Tippit sich kannten, sich jemals gesehen hatten oder gemeinsame Bekannte hatten. Zeugen der Schießerei beobachteten keine Anzeichen für ein Wiedererkenn zwischen den beiden Männern.

Warren Kommission, 1964

Der Tippit-Mord ist mit ähnlichen Schwächen untersucht worden wie das Attentat auf John F. Kennedy. Allerdings sollte unzweifelhaft feststehen, dass der Mörder Tippits nicht mit dem Kennedy-Attentäter übereinstimmen muss. Aus diesem Grund spielt er bei bei den Ergebnissen meiner Bücher der Reihe »Labyrinth der Wahrheiten« kaum eine Rolle.

Der schon 1964 kaum untersuchte Mord an Tippit spielte bei allen weiteren Untersuchungen keine grosse Rolle mehr. Wichtig ist, dass ein Sonderausschuss des Repräsentantenhauses (1979) die Arbeit und die Schlussfolgerungen der Warren Kommission in wichtigen Punkten stark kritisierte. Erst durch die Arbeit des Prüfungsausschusses für Attentatsdokumente (1996) steht heute fest:

Die Untersuchungen 1964 und 1979 waren von dem höherrangigen Ziel beeinflusst, mit Lee Harvey Oswald den Mörder von Präsident Kennedy (weiterhin) zu präsentieren. Erst in den 90-ger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden durch den Prüfungsauschuss für Attentatsdokumente bislang geheime Dokumente veröffentlicht. Diese zeichnen ein völlig anderes Bild über das Attentat auf Kennedy und die eingesetzten Untersuchungskommissionen als bisher der breiten Öffentlichkeit bekannt.