Castro ließ Kennedy ermorden
Der Dokumentarfilmer Huismann präsentierte in der ARD eine nicht neue Antwort auf die Frage, die Amerika in Atem hält: Wer ist für das Attentat auf John F. Kennedy verantwortlich? Und begibt sich damit auf dünnes Eis.
In seinem neuen - für die ARD - inszenierten Dokumentarfilm »Rendezvous mit dem Tod - Kennedy und Castro« geht der Regisseur Wilfried Huismann dem spektakulärsten Attentat des letzten Jahrhunderts, dem Mord an Präsident John F. Kennedy, auf den Grund. Über drei Jahre haben Wilfried Huismann und sein Team nach eigenen Angaben recherchiert. Dabei wurden neue Zeugen ausfindig gemacht, die zögernd das Rätsel so lösen: Der kubanische Geheimdienst G-2 benutzte Lee Harvey Oswald, um seinen bestehenden Plan umzusetzen, den »Feind der Revolution« - Kennedy - zu beseitigen.
Pikantes Detail: Der sowjetische Geheimdienst KGB habe die Kubaner auf Oswald aufmerksam gemacht, der sich dann ihnen selbst angeboten haben soll.
Die These, Castro hat den Mord an Kennedy befohlen, ist so alt wie das Attentat selbst. Nur Stunden nach dem Attentat am 22. November 1963 waren die angeblichen Kontakte Oswalds mit Botschaftsangehörigen der Sowjetunion und Kuba in Mexiko bekannt. Die Warren Kommission, welche als erstes Gremium die Hintergründe des Attentates ermittelte, behandelte diese Thematik unangemessen und führte die Untersuchung ohne ausreichende Beweise zu Ende. So formulierte es zumindest der 1976 eingesetzte Sonderausschuss des US-Repräsentantenhauses.
Dessen damalige Ergebnisse werden in der Dokumentation als neu verwertet. Dabei werden jedoch weder Gegenargumente gewürdigt noch entkräftet. Wie ein Blick in die Beweisdokumente belegt, sind beispielsweise die Geldübergabe an Oswald und sein privater Kontakt zu einer Angestellten der kubanischen Botschaft schon damals nicht nur als sehr fragwürdig eingeschätzt, sondern als Lüge entlarvt worden.
Nicht nur diese Fragen bleiben bei dieser Dokumentation unbeantwortet:
- Wieso sprach die sich in Mexiko als Oswald ausgebende Person nur gebrochenes Russisch, obwohl Oswald in der Sowjetunion sogar Werke von Dostojewski gelesen und russische Opern auswendig gelernt hatte?
- Und wie konnten es diese Verschwörer schaffen, die Fahrzeugkolonne von Kennedy - unter in letzter Minute eingeschränkten Sicherheitsvorkehrungen - an Oswalds Arbeitsstelle vorbeifahren zu lassen, bei der er erst seit einem Monat angestellt war?
Hier werden die Ungereimtheiten, wie sie von Huismann präsentiert werden, offenkundig:
Es wird behauptet, Oswald habe sich wochenlang um einen Arbeitsplatz entlang der Fahrtstrecke von Kennedy bemüht. Das hat er nicht und konnte es nicht. Denn die Route durch Dallas wurde erst eine Woche vor dem Attentat durch den Secret Service festgelegt.
Dass der Regisseur Wilfried Huismann noch vor wenigen Jahren einen CIA-Hintergrund filmisch dokumentierte, ist sicherlich der Komplexität des Themas geschuldet und in letzter Konsequenz belanglos. Sein aktueller Film versucht jedoch mit fehlerhaften, verfälschten, sehr selektierten und wackligen Indizien das gemeinsame Ziel zu beweisen: Castro befahl den Mord an Kennedy.
Um dieser Theorie folgen zu können, muss selbst das Raster der gesicherten Erkenntnisse durcheinander gewirbelt werden.
Es gibt qualitativ bessere Ansätze, um das Labyrinth der Wahrheiten zu durchqueren. Denn die ursprünglich noch jahrelang gesperrte Mordakte Kennedy ist seit mehreren Jahren fast vollständig zugänglich. Diesen Spuren folgt man, wenn man auch die eidesstattlichen Zeugenaussagen und Beweisdokumente berücksichtigt, die durch einen amerikanischen Ausschuss in den neunziger Jahren gewonnen wurden.
Zwar sind dann die Antworten auf das scheinbar ungelöste Rätsel des Kennedy-Attentats vielschichtiger, dafür aber richtiger.