Das Attentat auf Kennedy und die Medien

Am 22. November 1963 wurde John F. Kennedy erschossen. An einem Freitag durchfuhr sein Fahrzeugkonvoi Dallas. Zehntausende Menschen säumten an einem sonnigen Tag die Straßen zu Kennedys Begrüßung. Als die Präsidentlimousine um 12.30 Uhr die Elm Street befuhr, peitschten Schüsse durch die Luft. (Mit Auszügen aus dem Buch »Labyrinth der Wahrheiten - zum Stand der Forschung beim Attentat auf John F. Kennedy«)
Kennedy erlitt einen tödlichen Kopftreffer. Die Herkunft dieses Schusses, dessen Urheber und potentielle Drahtzieher bieten auch nach über 45 Jahren noch Anlaß zu Spekulationen. Verantwortlich dafür sind die bisher eingesetzten Untersuchungskommissionen, die ihre Ergebnisse basierend auf selektivem Beweismaterial präsentierten. Und das obwohl die Warren Kommission (1964) einen Einzeltäter des Mordes beschuldigte und ein Sonderausschuss des Repräsentantenhauses (1979) im Gegensatz dazu eine Verschwörung bestätigte.
Mitverantwortlich sind die Medien
Mitverantwortlich sind aber auch Presseberichte und TV-Produktionen, in denen sich eine Reihe von Auslassungen, Fehlinterpretationen und sogar groben Fehlern finden lassen. Bei einigen TV-Dokumentationen sind reale Fakten in das gewünschte Ergebnis verbogen worden. Weil nötig, mit grober Gewalt.
Doch was ist heute schon noch Wahrheit, Mögliches und Mythos, wenn es um die Ermordung von Präsident Kennedy am 22.11.1963 in Dallas geht? Dem durchschnittlich Interessierten wird quer durch alle Medienbranchen meistens ein klares Bild vom Tathergang geboten, um anschließend die Theorie vom Einzeltäter Lee Harvey Oswald oder die einer Verschwörung des CIA, der Kubaner, der Mafia oder des US-Establishments zu manifestieren. In der deutlichen Minderheit sind die Beiträge, welche Widersprüche aufzeigen. Bedauerlicherweise bewegen sich diese aber selten auf dem aktuellen Kenntnisstand. Hinzu kommen dann noch abenteuerlustige Geschichten einiger Autoren.
Und so kommt es, wie es kommen muss. In einem Internet-Artikel über Oswald ist zu lesen:
Die Entfernungen beim Attentat auf Kennedy werden zwischen 50 und 250 Meter geschätzt je nachdem an welcher Stelle sich Oswald positioniert haben soll.
Hört, hört. Nur keiner, wirklich keiner diskutiert, wo der vermeintliche Attentäter Oswald sich positioniert hätte.
Der Berliner Kurier schrieb, nach dem Attentat sei
ein Mann namens Lee Harvey Oswald (24) zur Fahndung
ausgeschrieben worden. Was einfach nur falsch ist.
Der Berliner Tagesspiegel meinte,
zwei Tage nach dem Präsidentenmord »erschoss Ruby Oswald auf dem Bürgersteig, als der aus dem Polizeiwagen stieg, der ihn zur Vernehmung brachte.«
Was ebenso unrichtig ist.
Die Hannoversche Allgemeine Zeitung erklärte ihren Lesern, Oswald habe
dreimal durch eine dichte Baumgruppe hindurch ein fahrendes Auto
treffen müssen. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: Die sogenannte Magische Kugel durchschlug
nicht nur Kennedys Schädeldecke, sondern auch den rechten Oberschenkel des vor ihm sitzenden Gouverneurs Connally.
Da ist ein Blick in die Glaskugel wohl treffsicherer.
Auch große Medienanstalten sind nicht frei von derartig wirklichkeitsfremder Berichterstattung. Bei der ARD sitzt man (auch) hier in der ersten Reihe.
Eine Buchidee wird zum Geheimdossier

Um die Kuba-Theorie zu belegen, funktionierte die ARD-Dokumentation von Wilfried Huismann »Rendezvous mit dem Tod - Kennedy und Castro« (2006) eine Ideenskizze für ein Kennedy-Buch aus den 90ger Jahren schnell mal zu einem sensationellen US-Geheimdossier aus den 60ger Jahren um.
Eine gründliche Überprüfung der Kuba-These und der Wert dieser Dokumentation sind im Buch »Rendezvous mit der Quote - Wie die ARD Kennedy durch Castro ermorden ließ« nachzulesen.
Mit dem Zweiten sieht man besser?
Das ZDF strahlte die Dokumentation »Der Kennedy-Mord: Mythos und Wahrheit« (2007) von Jörg Müllner und Jean Christoph Caron aus. Sie beschuldigten die Mafia des Mordes an John F. Kennedy, dessen willfähriges Werkzeug Oswald gewesen sein soll.Einen breiten Raum nimmt in der Co-Produktion die Analyse einer 26-sekündigen Amateuraufnahme von Abraham Zapruder ein. Diese Aufnahme zeigt das Attentat fast vollständig. Extra für diese Dokumentation soll das »Original des Zapruder-Films« in einer hoch aufgelösten Version abgetastet worden sein. Mit den hoch aufgelösten Bildern konnte, so die Autoren, der Tathergang für den Zuschauer neu entworfen werden, was für den durchschnittlich Interessierten überzeugend klingen mag.
Das Problem an der Darstellung von Müllner und Caron ist, dass ganz offensichtlich keine hoch aufgelöste Version für die Filmemacher vom Original des Zapruder-Films erstellt worden ist. Tatsächlich existiert bis zum heutigen Tag keine derartige Version. Das bestätigten auf Nachfrage die US-Nationalarchive und selbst der Inhaber des Copyrights am Zapruder Film. Und das ist noch das kleinste Übel an dieser Dokumentation.
Ein Fazit
Warum aber diese Fehldarstellungen in den Medien über die Magische Kugel, sensationelle Enthüllungen über ein angebliches Geheimdossier oder eine offensichtlich nicht existente hochaufgelöste Version vom Originalfilm?
Alles scheint wegen der bestehenden Informationslage verworren und undurchdringlich. Buchstäblich alles lässt sich – scheinbar – beweisen. Das Wort »Verschwörungstheoretiker« bekommt einen negativen Beigeschmack, der in seiner Vollendung in die Schlagzeile des Spiegel-Magazins mündet: »Dem Schwachsinn eine Schneise – Wie Verschwörungstheoretiker große Ereignisse der Weltgeschichte umdeuten«.
Es sind nur die realen Fakten, die zählen müssen. Und diese werden auch 45 Jahren nach den tödlichen Schüssen auf Kennedy von einem Großteil der Medien stark verzerrt, selektiv und fehlerhaft wiedergegeben.